Die Dyna­mik der anhal­ten­den Preis­an­stie­ge bei Immo­bi­li­en ist deut­lich abge­schwächt. Infla­ti­on, stei­gen­de Zin­sen, ver­schärf­te Kre­dit­ver­ga­ben und hohe Ener­gie­kos­ten ver­un­si­chern die Bran­che.

Die Wirt­schafts­kam­mer Öster­reich prä­sen­tier­te im April den Immo­bi­li­en­preis­spie­gel 2023 des Fach­ver­ban­des der Immo­bi­li­en- und Ver­mö­gen­s­treu­hän­der. Die­ser zeigt eine merk­lich gebrems­te Dyna­mik. Nach dem kon­ti­nu­ier­li­chen Wachs­tum in den ver­gan­ge­nen Jah­ren ist seit Herbst 2022 zum ers­ten Mal seit 10 Jah­ren ein Rück­gang bei Immo­bi­li­en­trans­ak­tio­nen zu bemer­ken. Aller­dings ist die Nach­fra­ge nach Immo­bi­li­en nach wie vor stark. Mak­ler berich­ten von anhal­tend guter Auf­trags­la­ge, oft kom­men aber die Abschlüs­se letzt­end­lich nicht zustan­de: Ver­käu­fe­rIn­nen und Käu­fe­rIn­nen war­ten ab, wie sich die Prei­se ent­wi­ckeln wer­den. Ent­schei­dun­gen wer­den ver­scho­ben.

„Ich habe in mei­ner beruf­li­chen Lauf­bahn schon vie­le Hochs und Tiefs der Immo­bi­li­en­wirt­schaft erlebt, aber sel­ten so viel Ver­un­si­che­rung gese­hen wie der­zeit“, berich­tet Fach­ver­bands­ob­mann Gerald Gol­lenz. Eine Viel­zahl an Fak­to­ren sei dar­an schuld: Infla­ti­on, stei­gen­de Zin­sen, ver­schärf­te Kre­dit­ver­ga­ben sowie hohe Ener­gie­kos­ten.


Gesun­ke­ne Nach­fra­ge lässt Prei­se sta­gnie­ren

„Wegen der gesun­ke­nen Nach­fra­ge wer­den die Prei­se für Immo­bi­li­en im lau­fen­den Jahr mit weni­gen Aus­nah­men sta­gnie­ren“, erklärt der Fach­ver­bands­ob­mann. Ein Rück­gang oder gar Preis­ver­fall am Woh­nungs­markt sei aller­dings nicht zu erwar­ten. Kon­kret trifft aktu­ell die nach­las­sen­de Nach­fra­ge auf ein nach wie vor knap­pes Ange­bot. Die Bau­tä­tig­keit der Pro­jekt­ent­wick­ler hat sich ver­lang­samt, wes­halb in den kom­men­den Jah­ren weni­ger Woh­nun­gen auf den Markt kom­men wer­den.

Laut Stu­die der EXPLOREAL in Auf­trag der WKO wur­den 2020 bis 2022 rund 138.600 Wohn­ein­hei­ten errich­tet. Die­ser Wert wird so bald nicht mehr erreicht wer­den, pro­gnos­ti­ziert Micha­el Pis­e­cky, stv. Fach­ver­bands­ob­mann und Fach­grup­pen­ob­mann Wien. Auf Grund der wirt­schaft­li­chen Unsi­cher­hei­ten haben zahl­rei­che Bau­trä­ger ihre nächs­ten Pro­jek­te vor­erst ein­ge­stellt, was zu einer wei­te­ren Ver­knap­pung führt. Zum Bei­spiel gab es in Wien 2019 über 22.100 bewil­lig­te Wohn­ein­hei­ten. 2022 waren es nicht ein­mal mehr die Hälf­te. Für das Jahr 2024 wird nur mehr mit 12.000 neu­en Wohn­ein­hei­ten gerech­net, 2025 nur noch mit 7500.

„Pro­gno­sen zur Preis­ent­wick­lung las­sen sich der­zeit nur schwer tref­fen“, gibt sich Pis­e­cky vor­sich­tig. Mit dem sper­ri­gen Titel „Kre­dit­in­sti­tu­te-Immo­bi­li­en­fi­nan­zie­rungs­maß­nah­men-
Ver­ord­nung“ – kurz KIM-Ver­ord­nung – wur­den ab 1. Juli 2022 stren­ge­re Regeln für die Finan­zie­rung von Immo­bi­li­en­ei­gen­tum ein­ge­führt. Das führ­te zu einem spür­ba­ren Rück­gang der Immo­bi­li­en­käu­fe.

Vor dem Hin­ter­grund all­ge­mei­ner Preis­stei­ge­run­gen und anhal­ten­der Unsi­cher­hei­ten kam die neue Ver­ord­nung zum ungüns­tigs­ten Zeit­punkt, was auch durch einen spür­ba­ren Rück­gang der Immo­bi­li­en­käu­fe – vor allem ab dem 4. Quar­tal 2022 – deut­lich wur­de. Die not­wen­di­ge Locke­rung der Ver­ord­nung mit dem 1. April 2023 betraf vor allem die Vor- und Zwi­schen-
finan­zie­rung. „Wer also schon eine Immo­bi­lie hat und eine neue kau­fen will, wird nun wie­der leich­ter einen Kre­dit bekom­men. Wie sehr die Erleich­te­rung die Nach­fra­ge und Käu­fe wie­der ansprin­gen lässt, wird sich aller­dings erst im Som­mer oder Herbst zei­gen“, erklärt Johan­nes Wild, Fach­grup­pen­ob­mann Nie­der­ös­ter­reich.

Das Bestel­ler­prin­zip: eine „lose-lose Situa­ti­on“
Ab 1. Juli 2023 gilt in Öster­reich das soge­nann­te Bestel­ler­prin­zip. Das Bestel­ler­prin­zip wer­de den Markt auf jeden Fall ver­än­dern, stellt Pis­e­cky klar. Die finan­zi­el­le Ent­las­tung der Mie­ter sei aller­dings mar­gi­nal. Pis­e­cky befürch­tet zukünf­tig einen „Wild­wuchs“ am Markt, wie er in Deutsch­land, vor allem in Ber­lin, durch Ein­füh­rung des Bestel­ler­prin­zips bereits ein­ge­tre­ten ist. Vie­le nega­ti­ve Aspek­te, wie Intrans­pa­renz des Ange­bots, Ablö­se­un­we­sen, Ver­knap­pung des Ange­bo­tes oder Mas­sen­be­sich­ti­gun­gen, wer­den Ein­zug am hei­mi­schen Markt hal­ten, zeigt sich der Fach­ver­bands­ob­mann über­zeugt.

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