Fernwärme spielt bei der Energiewende eine wesentliche Rolle. Auf dem Weg zur Klimaneutralität sind aber noch einige Anstrengungen erforderlich.
Österreich hat sich auf dem Weg zur Dekarbonisierung ehrgeizige Ziele gesetzt. Bis 2040 soll die Wärmeversorgung in Österreich klimaneutral erfolgen. Doch lässt sich dieses Ziel überhaupt erreichen? Und welche Schritte sind dazu notwendig?
Beim Ersatz fossiler Brennsysteme werden vor allem drei Formen der Wärmebereitstellung betrachtet: Biomasse, Wärmepumpen und Fernwärme. Fernwärme kommt in Ballungszentren besondere Bedeutung zu. Zwei Einschränkungen sind damit verbunden: die logistischen Grenzen beim Ausbau der Fernwärme-Infrastruktur und die Tatsache, dass Fernwärme immer noch sehr „gaslastig“ und somit abhängig von fossilen Brennstoffen ist.
Roadmap zur Dekarbonisierung
Im Jahr 2020 hatte Fernwärme in Österreich einen Anteil von rund 14 % bei der Raumtemperierung und der Warmwasserbereitstellung in den Haushalten. Der Biomasseanteil bei der Fernwärmebereitstellung konnte in den Jahren von 2005 bis 2020 von 17 auf 44 % gesteigert werden. Erdgas spielt aber nach wie vor eine wichtige Rolle. Sein Anteil beträgt derzeit 23 %.
DI Günter Pauritsch von der Austrian Energy Agency skizzierte eine „Roadmap-Studie“ für die Dekarbonisierung von Fernwärme. Laut Studie werde bis zum Jahr 2040 der Gesamtwärmeverbrauch der Haushalte sinken. Grund dafür sind Dämmungsmaßnahmen an Gebäuden und zunehmende Effizienz der Heizsysteme.
Die Studie geht davon aus, dass im Jahr 2040 um 46 % mehr Haushalte Fernwärme beziehen werden als heute. In Summe wird es 2,3 Mio. Fernwärmekunden geben, für die 27 TWh Energie in Form von Wärme bereitgestellt werden muss. Dazu ist eine Erweiterung des Fernwärme-Netzes auf ca. 13.700 km notwendig.
Was sind die Alternativen zu Erdgas?
Im Sinne einer Dekarbonisierung ist es das Ziel, dass bis 2040 etwa 98 % der Fernwärmeerzeugung CO2-neutral sein werden. Eine geringe Restemissionen an CO2 stammt vor allem aus den fossilen Anteilen der Abfallverbrennung Den Förderbedarf für die Dekarbonisierung der Fernwärme bis zum Jahr 2040 schätzt Pauritsch auf 2,4 Mrd. Euro oder 120 Mio. Euro pro Jahr.
Die Dekarbonisierung benötigt 17 TWh Fernwärmeerzeugung aus alternativen Wärmequellen. In Frage kommen etwa Geothermie, in geringem Umfang Solarwärme, Großwärmepumpen oder Biomasse. Der Anteil aus Kraft-Wärme-Kopplungs-
Anlagen wird sinken.
Eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung spielen die erneuerbaren Gase Biomethan und grüner Wasserstoff. Davon werden in Zukunft signifikant höhere Mengen gebraucht werden, Die Roadmap-Studie geht von 4,1 TWh aus.
Eine Herausforderung besteht darin, dass die Menge an erneuerbaren Gasen nicht ausreicht, um damit sowohl Individualwärme und Stromerzeugung als auch Fernwärme am Laufen zu halten. Es gibt also Interessenskonflikte, und es stelle sich die Frage, wo die vorhandene Menge am sinnvollsten eingesetzt werde. Pauritsch geht davon aus, dass erneuerbar Gase bevorzugt zur Bereitstellung von Fernwärme genutzt werden sollen.
Import von Energieträgern wird weiterhin Thema sein
Derzeit basiert die Energieversorgung in Österreich zu 2/3 auf importieren fossilen Energieträgern. Im Zuge einer Dekarbonisierung wird die Importabhängigkeit nicht abnehmen. Es werden weiterhin erneuerbare Energieträger wie Wasserstoff importiert werden müssen. Österreich als Binnenland müsse sich deshalb rasch um Importrouten für Wasserstoff kümmern, so Pauritsch.
Welches Potential hat Fernwärme?
Fernwärme ist in Ballungsräumen oft die einzig sinnvolle Strategie, betont DI Dr. Gerhard Löffler, Leiter des Referats Energiewirtschaft und Beratung des Landes Salzburg. Das gelte auch für kleinere Ortschaften wie Zell am See. Hier ortete eine Studie ein Fernwärmepotenzial von 74 % aller Gebäude. Die Installation von Wärmepumpen scheitere oft an einer zu dichten Bebauung, und aus Sicht der Studie sei auch für 40 % der Gebäude eine Pelletheizung nicht sinnvoll.
Dem Einsatz von Biomasse für Fernwärme sind Grenzen gesetzt, so Löffler. Um den steigenden Bedarf an Fernwärme allein aus Biomasse zu dekarbonisieren, bedürfe es eines großen Zuwachses an Biomasse. Den gebe es aber nicht. Insbesondere, weil Biomasse in Form von Holz auch zunehmend anderen Verwertungen zugeführt werde, z.B. im Bau- und Konstruktionswesen. Ein großes Asset der Fernwärme sei deren Flexibilität, das heißt, die Möglichkeit, unterschiedliche Energieträger einzubinden. Ein weiteres Potential liegt in der Effizienzsteigerung bei der Fernwärmebereitstellung – hier gebe es noch einiges zu holen, meint Löffler.
Fachpersonal fehlt
Ein „Bottleneck“ bei der Umstellung auf erneuerbare Energieträger ist das fehlende Fachpersonal. Ein Grund für diesen Mangel ist nicht zuletzt die Bevölkerungsentwicklung – es kommen einfach nicht genug Auszubildende auf den Arbeitsmarkt, erklärt Ing. Stefan Praschl vom ibw – Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft. Das sei ein Problem, das nicht nur Österreich betreffe sondern ganz Europa.