Stra­ßen­be­leuch­tung, beleuch­te­te Parks und Haus­ein­gän­ge sor­gen dafür, dass wir auch in der Nacht unse­ren Weg nach Hau­se fin­den.  Zu viel Hel­lig­keit hat aber auch sei­ne Schat­ten­sei­ten. Nicht immer bedeu­tet mehr Licht auch mehr Sicher­heit, und die All­ge­gen­wär­tig­keit von Licht wirkt sich nega­tiv auf Umwelt und Gesund­heit aus.

Jedes Jahr um den 12. August her­um spielt sich am Nacht­him­mel ein präch­ti­ges Schau­spiel ab: Alle paar Minu­ten zie­hen Stern­schnup­pen ihre leuch­ten­den Bah­nen quer über den Him­mel. Es ist die Zeit des Per­sei­den, eines Mete­or­schau­ers, der kurz vor Mit­te August sei­nen Höhe­punkt erreicht. Man­che die­ser Feu­er­ku­geln sind so hell wie die Venus – dem nach Son­ne und Mond auf­fäl­ligs­ten und hells­ten Him­mels­kör­per im Nacht­him­mel.

In man­chen Jah­ren sind die Per­sei­den beson­ders gut zu beob­ach­ten – dann, wenn der Mete­or­schau­er in die Zeit des Neu­monds fällt und kein hel­les Mond­licht den Him­mel über­strahlt. Es gibt freie Sicht auf den Ster­nen­him­mel und die Stern­schnup­pen leuch­ten beson­ders inten­siv. Aller­dings nur an Orten abseits grö­ße­rer Ort­schaf­ten. Denn über­all dort, wo Stra­ßen­be­leuch­tun­gen für Sicher­heit sor­gen, wo beleuch­te­te Aus­la­gen­schei­ben um Auf­merk­sam­keit hei­schen und die Schein­wer­fer von Autos die Nacht durch­bre­chen, dort ver­blasst der Ster­nen­him­mel gegen­über der leucht­star­ken Kon­kur­renz des künst­li­chen Lichts.

Das Ver­schwin­den des Nacht­him­mels
Die Erfin­dung der Gas­la­ter­ne und vor  allem die Erfin­dung des von Carl Auer von Wels­bach ent­wi­ckel­ten Glüh­strumpfs – der eine wesent­li­che Ver­bes­se­rung der Leucht­kraft des Gas­lichts ermög­lich­te – führ­ten zu einem kul­tu­rel­len Wan­del unse­rer Städ­te. Nach und nach füll­ten sich auch in der Nacht die Stra­ßen und Gas­sen mit Leben. Die Städ­te wur­den sau­be­rer und hygie­ni­scher. Spä­ter mach­ten Koh­len­bo­gen­lam­pen und das elek­tri­sche Licht die Nacht noch eini­ge Grad hel­ler und dank effi­zi­en­ter LED haben wir heu­te so gut wie über­all Licht, wo wir uns Licht wün­schen.

Doch wo viel Licht ist, ist auch Schat­ten. Der Ster­nen­him­mel hat die Mensch­heit seit jeher beglei­tet. Er war Inspi­ra­ti­on für Astro­nom­In­nen, Wis­sen­schaf­te­rIn­nen und Künst­le­rIn­nen. Heu­te wölbt sich über unse­ren Städ­ten eine Glo­cke aus künst­li­chem Licht. Die­se so genann­te Licht­ver­schmut­zung ist der Grund dafür, dass weni­ger und weni­ger Ster­nen­licht in der Nacht bis zu uns durch­dringt. „Der natür­li­che Nacht­him­mel ist ein kul­tu­rel­les Erbe für alle Men­schen, das aber zukünf­ti­gen Gene­ra­tio­nen unbe­kannt sein wird “, schreibt die „Inter­na­tio­nal Dark Sky Asso­cia­ti­on“, die sich dem Kampf gegen die Licht­ver­schmut­zung wid­met.

Licht­ver­schmut­zung – ein unter­schätz­tes Pro­blem
Aber es sind nicht nur For­sche­rIn­nen, Wis­sen­schaf­te­rIn­nen und Lieb­ha­be­rIn­nen des Ster­nen­him­mels, die unter dem Ver­lust der Dun­kel­heit lei­den. Licht­ver­schmut­zung hat vie­ler­lei Aus­wir­kun­gen. Hier ein paar Bei­spie­le:

  • Nacht­ak­ti­ve Insek­ten wer­den von Gebäu­de- und Stra­ßen­be­leuch­tun­gen ange­zo­gen und krei­sen bis zum Erschöp­fungs­tod rund um die Licht­quel­le. Unter­su­chun­gen in Deutsch­land haben gezeigt, dass in einer ein­zi­gen Som­mer­nacht durch­schnitt­lich 150 Insek­ten an einer ein­zi­gen Stra­ßen­la­ter­ne zu Tode kom­men.
  • Zug­vö­gel kön­nen durch künst­li­che Licht­quel­len ihre Ori­en­tie­rung ver­lie­ren.
  • Zug­vö­gel­schwär­me kol­li­die­ren mit beleuch­te­ten Hoch­häu­sern, Brü­cken und Funk­tür­men und kom­men so zu Tode.
  • Beleuch­te­te Städ­te zie­hen Vogel­schwär­me an. Sie lan­den auf den Gebäu­den und ihre Exkre­men­te rich­ten Scha­den an den Fas­sa­den an.

Künst­li­ches Licht ver­än­dert den Bio­rhyth­mus von Vögeln. Sie kom­men des Nachts nicht mehr zur Ruhe und haben dadurch einen höhe­ren Ener­gie­be­darf. Das kann ein ent­schei­den­der Fak­tor sein, dass sie den Win­ter nicht über­le­ben. Bei ande­ren Arten füh­ren hel­le Näch­te dazu, dass sie sich frü­her im Jahr fort­pflan­zen – zu einer Zeit, in der noch nicht genug Nah­rung zur Jun­gen­auf­zucht bereit­steht.

Bei Men­schen, die dazu gezwun­gen sind, bei zu viel Licht zu schla­fen, stört dies oft den Hor­mon­haus­halt. Dies führt zu Gesund­heits­be­ein­träch­ti­gun­gen wie Schlaf­stö­run­gen, Kopf­schmer­zen, gas­tro­in­testi­na­le Sym­pto­me, Ein­schlaf­stö­run­gen, Durch­schlaf­stö­run­gen, Gereizt­heit, Leis­tungs­min­de­rung und Ener­gie­lo­sig­keit. Auch die Anfäl­lig­keit für gewis­se Tumo­re steigt mit zuneh­men­der Hel­lig­keit wäh­rend der Nacht.

Ver­schwen­de­tes Licht
Es gibt gute Grün­de, war­um wir die Nacht erhel­len. Ein Argu­ment ist Sicher­heit. Licht sorgt dafür, dass wir beim Nach­hau­se­weg nicht stol­pern. Licht soll ver­hin­dern, dass sich Räu­ber und Gewalt­tä­ter unge­se­hen anschlei­chen kön­nen. Beleuch­te­te Haus­fas­sa­den sol­len Ein­bre­cher abschre­cken und Licht am Haus­ein­gang sorgt dafür, dass wir das Schlüsel­loch schnel­ler fin­den.

Aber nicht jede künst­li­che Licht­quel­le erfüllt einen sinn­vol­len Zweck. Und nicht alles Licht gelangt dort­hin, wo es hin soll. Es ist ein Unter­schied, ob eine Stra­ßen­leuch­te gezielt den Weg beleuch­tet, oder ob sie ihr Licht wahl­los in alle Rich­tun­gen abstrahlt. Im zwei­ten Fall wird nicht nur die Umwelt mit Licht „ver­un­rei­nigt“ – es wird auch Licht – und damit Ener­gie – ver­schwen­det. Die Lösung heißt „streu­ar­me Beleuch­tung“. Mit dem rich­ti­gen Licht­de­sign lässt sich die Licht­men­ge in Sied­lun­gen ver­min­dern, ohne dass dabei Ein­bu­ßen der Lebens­qua­li­tät in Kauf genom­men wer­den müs­sen.

Kon­tras­te zwi­schen hell und dun­kel schaf­fen Unsi­cher­heit
Noch mehr Licht bedeu­tet nicht unbe­dingt mehr Sicher­heit. Stel­len Sie sich einen gut beleuch­te­ten Weg durch einen nächt­li­chen Park vor. Sie sehen alles, was sich auf dem Weg befin­det, so deut­lich wie am Tag. Sie sehen jeden, der sich ihnen auf dem Weg nähert, schon von Wei­tem. Aber eben nur, wenn er sich auf dem Weg befin­det . Wenn Sie Ihren Blick in die dunk­le­ren Area­le des Parks wer­fen, dort wo der Schein der Lam­pen nicht hin­fällt, dann sehen Sie dort gar nichts. Sie kön­nen nicht sehen, ob sich dort ein Mensch mit unlau­te­ren Absich­ten ver­birgt. Ihr Auge hat sich an die Hel­lig­keit gewöhnt und kann im Halb­dun­kel nichts mehr erken­nen. Es braucht eini­ge Minu­ten bis es sich an die neu­en Sicht­ver­hält­nis­se gewöhnt hat.
Das mensch­li­che Auge ist sehr anpas­sungs­fä­hig. Es fin­det sich auch in einer hel­len Mond­nacht recht gut zurecht und kann selbst bei spär­li­cher Beleuch­tung Din­ge ein­deu­tig erken­nen. Was dem Auge aber zu schaf­fen macht, sind rasche Kon­tras­te zwi­schen hell und dun­kel. All­zu hel­le Beleuch­tun­gen sind des­halb kon­tra­pro­duk­tiv: Sie blen­den und schrän­ken dadurch die Sicht ein.

Aber schreckt hel­le Beleuch­tung nicht poten­ti­el­le Straf­tä­ter ab? In der Tat war das Ver­hin­dern von Kri­mi­na­li­tät das wich­tigs­te Argu­ment bei der Ein­füh­rung von Stra­ßen­be­leuch­tung. Unter­su­chun­gen aus jün­ge­rer Zeit zei­gen aber, dass die­ser Zusam­men­hang so nicht besteht. Mehr Beleuch­tung sorgt nicht unbe­dingt für einen Rück­gang der Kri­mi­na­li­tät. Aller­dings ist auch das Gegen­teil nicht hun­dert­pro­zen­tig rich­tig. Viel­mehr kommt es auf den rich­ti­gen Ein­satz von Licht an, um ers­tens das Sicher­heits­ge­fühl zu heben und zwei­tens die Sicht­bar­keit tat­säch­lich zu erhö­hen. Die sprich­wört­li­chen „dunk­len Gesel­len“, also Van­da­len oder poten­ti­el­le Gewalt­tä­ter, lau­ern nicht im Stock­dunk­len son­dern in den dunk­len Berei­chen unre­gel­mä­ßig aus­ge­leuch­te­ter Area­le, also dort, wo sie freie Sicht auf die beleuch­te­ten Berei­che haben, ohne selbst gese­hen zu wer­den. Anstatt einen Park oder den Gar­ten mit eini­gen weni­gen hel­len Strah­lern zu beleuch­ten, ist es des­halb meist sinn­vol­ler, die Licht­stär­ke gene­rell nie­de­ri­ger zu hal­ten und statt des­sen für eine gleich­mä­ßi­ge Beleuch­tung zu sor­gen.

Von war­men und kal­tem Lichr
Auch die Farb­tem­pe­ra­tur spielt eine Rol­le, sowohl in punc­to Sicher­heit als auch was die Aus­wir­kun­gen von Licht­ver­schmut­zung betrifft. Die Farb­tem­pe­ra­tur ist ein Maß für die Licht­far­be. Sie wird in Kel­vin ange­ge­ben. Je höher der Wert, des­to „blau­er“ ist das Licht. Je höher der Blau­an­teil ist, des­to hel­ler wird das Licht wahr­ge­nom­men, des­to höher ist aber auch die Blend­wir­kung.

Blau­es Licht trägt durch Streu­ef­fek­te in der Atmo­sphä­re stär­ker zur Licht­ver­schmut­zung bei und hat eine höhe­re Anzie­hungs­kraft auf Insek­ten. Nicht zuletzt stört blau­es Licht den Schlaf – auch den von Men­schen. Licht mit hohem Blau­an­teil ent­spricht am ehes­ten dem Tages­licht und ist ein Signal dafür, wach­zu­blei­ben. Es hemmt die Bil­dung des Schlaf­hor­mons Mela­to­nin, das im Ide­al­fall dafür sorgt, dass wir abends müde wer­den.

Bei Licht mit 4000 bis 5000 Kel­vin spricht man von „neu­tral­weiß“, bei höhe­ren Kel­vin-Wer­ten von „kalt­weiß“. Für Außen­be­leuch­tun­gen soll­te man eine mög­lichst „gel­be“ Farb­tem­pe­ra­tur wäh­len, also Licht mit einem gerin­gen Blau­an­teil. Als Richt­wert gilt, dass für Außen­leuch­ten eine Farb­tem­pe­ra­tur von maxi­mal 2700 Kel­vin emp­feh­lens­wert ist („amber“ bzw. „warm­weiß“). Dies redu­ziert einer­seits die Licht­ver­schmut­zung. Ande­rer­seits wirkt kal­tes Licht – also Licht mit hohem Blau­an­teil – unge­müt­lich, grell und eben „kalt“. Das führt dazu, dass sich Men­schen unter kalt­wei­ßem Licht weni­ger sicher füh­ren als unter warm­wei­ßem.

Ein­bre­cher haben kei­ne Angst vor Licht
Es ist ein weit ver­brei­te­ter Irr­tum, dass nächt­lich beleuch­te­te Fas­sa­den und Außen­be­leuch­tun­gen vor Ein­bruch schüt­zen. Die Kri­mi­nal­sta­ti­tik spricht dage­gen. Ein­brü­che gesche­hen vor allem bei Tages­licht oder bei Däm­me­rung – zu einer Zeit, in der die Wahr­schein­lich­keit, dass die Bewoh­ner im Haus anwe­send sind, gerin­ger ist als in der Nacht. Eini­ge Sicher­heits­exper­ten raten sogar aus­drück­lich von Außen­be­leuch­tun­gen ab: Die­se machen es Ein­bre­chern leich­ter, das Haus und sei­ne Schwach­stel­len aus­zu­kund­schaf­ten. Per­ma­nen­tes Licht erleich­te­re also Ein­bre­chern die Arbeit. Wo die­ses nicht vor­han­den ist, sind Ein­bre­cher auf Taschen­lam­pen ange­wie­sen. Der Schein einer Taschen­lam­pe ist aber recht auf­fäl­lig und erhöht das Risi­ko der Ein­bre­cher, erwischt zu wer­den.

Sinn­vol­ler als Dau­er­licht an der Fas­sa­de und im Gar­ten sind des­halb Leuch­ten, die mit Bewe­gungs­mel­dern gekop­pelt sind. Aber auch hier gilt, dass das Licht nicht nach allen Rich­tun­gen abstrah­len soll, son­dern dort­hin, wo es gebraucht wird. Denn es ist nie aus­zu­schlie­ßen, dass ein pro­me­nie­ren­der Igel oder ein ande­res nacht­ak­ti­ves Tier den Bewe­gungs­sen­sor akti­viert. Dann ist es höchst ärger­lich, wenn grel­les Licht ins Schlaf­zim­mer strahlt – oder ins Schlaf­zim­mer der Nach­barn.

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