Die Ent­schei­dung des VfGH ver­stärkt die Schief­la­ge im Miet­recht. Ver­mie­tung ver­liert zuneh­mend an Rechts­si­cher­heit und wirt­schaft­li­cher Trag­fä­hig­keit. Poli­tik muss gegen­steu­ern!

Der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof hat mit Erkennt­nis vom 24. Juni 2025 die Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit des § 6 Kon­su­men­ten­schutz­ge­setz (KSchG) bestä­tigt – mit weit­rei­chen­den Fol­gen. Damit trifft eine Rege­lung, die ursprüng­lich dem Kon­su­men­ten­schutz im klas­si­schen Ver­trags­recht dien­te, nun die pri­va­te Woh­nungs­wirt­schaft in einer ohne­hin schwie­ri­gen Pha­se mit aller Här­te.

ÖHGB-Prä­si­dent RA Dr. Mar­tin Prun­bau­er äußert sich besorgt zu den jüngs­ten Ent­wick­lun­gen: „Ein Miet­ver­trag ist mit einem „nor­ma­len“ Dau­er­schuld­ver­hält­nis nicht ver­gleich­bar, denn das öster­rei­chi­sche Miet­recht zählt laut OECD zu den strengs­ten Miet­rechts­ge­set­zen welt­weit.“ Die zahl­rei­chen über­bor­den­den Mie­ter­schutz­be­stim­mun­gen beschrän­ken jeg­li­che Ver­trags­frei­heit des Ver­mie­ters. Auf­grund der stren­gen Kün­di­gungs­be­stim­mun­gen, die für Ver­mie­ter gel­ten (§ 30 MRG), erweist sich ein Miet­ver­trag de fac­to als Zwangs­dau­er­schuld­ver­hält­nis. Anders als bei sons­ti­gen Dau­er­schuld­ver­hält­nis­sen kann ein Ver­mie­ter das Ver­trags­ver­hält­nis nicht ohne Wei­te­res been­den. Der im Gesetz ent­hal­te­ne Kün­di­gungs­grund „Eigen­be­darf“ ist fak­tisch totes Recht. Das wirt­schaft­li­che Risi­ko liegt – zeit­lich unbe­grenzt – ein­sei­tig beim Ver­mie­ter und erfährt im Lich­te die­ser über­aus rigi­den Judi­ka­tur eine wei­te­re unzu­mut­ba­re Ver­schär­fung.

Im Regie­rungs­pro­gramm wird zur Her­stel­lung der Rechts­si­cher­heit von einer „Klar­stel­lung“ im Wege einer Geset­zes­in­itia­ti­ve geschrie­ben, die all­ge­mein offen­sicht­lich so zu ver­ste­hen ist, dass das Gesetz „repa­riert“ wird, weil die Fol­gen nicht beab­sich­tigt sind. In Öster­reich erfolgt die Umset­zung der Wert­si­che­rung auf all­ge­mei­ne „Schuld­ver­hält­nis­se“, also auf Dau­er- und Ziel­schuld­ver­hält­nis­se, wäh­rend sie in Deutsch­land z.B. nur bei Ziel­schuld­ver­hält­nis­sen zur Anwen­dung kommt. In die­sem Fall macht die 2‑Mo­nats-Frist ja durch­aus Sinn, denn auch ein Tisch­ler, der eine Küche ver­kauft, kann nicht inner­halb kür­zes­ter Zeit mehr dafür ver­lan­gen, weil der Holz­preis gera­de gestie­gen ist. Dies erfolgt selbst­ver­ständ­lich im Rah­men des Kon­su­men­ten­schut­zes.

Dass Mie­ten Preis­trei­ber sind, ist ohne­dies bereits wider­legt. Die Sta­tis­tik Aus­tria berech­ne­te für die bezahl­ten Woh­nungs­mie­ten im Zeit­raum Jän­ner 2021 bis Dezem­ber 2022 eine Preis­stei­ge­rung um ledig­lich 3 Pro­zent. Damit ergibt sich, dass seit dem Jahr 2020 die Haupt­miet­zin­se gerin­ger gestie­gen waren als die all­ge­mei­ne Infla­ti­on. Laut Sta­tis­tik Aus­tria war die all­ge­mei­ne Preis­stei­ge­rung sogar um 4,4 Pro­zent höher als die Stei­ge­rung der Haupt­miet­zin­se. Die wah­ren Preis­trei­ber im Bereich „Woh­nen, Was­ser, Ener­gie“ waren Strom, Gas, Instand­hal­tung und kom­mu­na­le Gebüh­ren. Außer­dem lie­gen die Wohn­kos­ten in Öster­reich bei etwa einem Fünf­tel des Ein­kom­mens und sind mit rund 19 Pro­zent seit Jah­ren sta­bil.

Kaum im Amt hat­te die frisch ange­lob­te Bun­des­re­gie­rung das vier­te Miet­recht­li­che Infla­ti­ons­lin­de­rungs­ge­setz (4. MILG) auf den Weg gebracht. „Die längst über­fäl­li­ge Repa­ra­tur der Wert­si­che­rungs­klau­seln hin­ge­gen wird seit Jah­ren auf die lan­ge Bank gescho­ben“, zeigt sich Prun­bau­er ver­är­gert. Gleich­zei­tig soll im Herbst eine wei­te­re Ver­schlech­te­rung für Ver­mie­ter fol­gen – die Aus­wei­tung der Befris­tung von 3 auf 5 Jah­re, womit dem Zwangs­dau­er­schuld­ver­hält­nis „Miet­ver­trag“ eine wei­te­re Ver­schär­fung erfah­ren soll.

Die Nicht-Repa­ra­tur eines schlech­ten Geset­zes ist nicht nur ein Pro­blem der Ver­mie­ter, son­dern führt zu einem abso­lu­ten Ver­trau­ens­ver­lust, der auch Inves­to­ren abschreckt. Auch Ban­ken und Ver­si­che­run­gen sind betrof­fen, man den­ke z.B. an den Deckungs­stock. Dar­über hin­aus kann ein Kre­dit­neh­mer in Schwie­rig­kei­ten kom­men, weil die Grund­stü­cke ent­wer­tet wer­den. Auch der Erwerb von Eigen­tum wird dadurch erschwert.

Fer­ner müss­ten Fonds erheb­li­che Wert­ver­lus­te hin­neh­men, was Inves­to­ren zu spü­ren bekä­men. So kön­nen für die hei­mi­sche Wirt­schaft drin­gend benö­tig­te Inves­ti­tio­nen von Bau­trä­gern nicht umge­setzt wer­den, da vie­le Inves­to­ren Öster­reich über­haupt mei­den wer­den und in ande­re Län­der aus­wei­chen. Der Neu­bau gin­ge zurück, die Mög­lich­keit der Inves­ti­tio­nen in Bestand wür­de dras­tisch abneh­men.

All das führt dazu, dass sich die pri­va­te Ver­mie­tung in Öster­reich zum Hoch­ri­si­ko­mo­dell ent­wi­ckelt. Immer mehr klas­si­sche Alt­bau­ten ver­schwin­den vom Markt, aber neue Inves­to­ren blei­ben aus. Prun­bau­er bringt es auf den Punkt: „Wer inves­tiert noch in ein Land, das Eigen­tum sys­te­ma­tisch ent­wer­tet? Wo ist die Rechts­si­cher­heit geblie­ben? Es braucht jetzt eine Kehrt­wen­de – und zwar rasch. Die Poli­tik muss auf­hö­ren, ideo­lo­gi­sche Ein­bahn­stra­ßen zu beto­nie­ren. Eigen­tum darf nicht län­ger Spiel­ball poli­ti­scher Kurz­sicht sein.“