Rat­ten gel­ten in Sied­lungs­räu­men als Gefahr für Hygie­ne und Gesund­heit. Die anpas­sungs­fä­hi­gen Nager ein für alle­mal los­zu­wer­den, ist aus­ge­schlos­sen. In der Nähe von Men­schen fin­den sie opti­ma­le Lebens­be­din­gun­gen. Auf­ga­be der Schäd­lings­be­kämp­fung ist es, die Popu­la­ti­on im Zaum zu hal­ten und Rat­ten­be­fall in Wohn­häu­sern zu bekämp­fen.


Auf jeden Bewoh­ner Wiens kom­me im Durch­schnitt eine Rat­te, erklärt
Mat­thi­as Hlin­ka. Das sei zwar nur eine Schät­zung und kei­nes­falls wis­sen­schaft­lich abge­si­chert. Aber die­ser Ver­gleich zei­ge, wie groß die Rat­ten­po­pu­la­ti­on ist, wel­che den Unter­grund der Stadt bevöl­kert. Zwar haben Rat­ten eine Lebens­er­war­tung von ledig­lich zwei Jah­ren – aber dafür ist ihre Ver­meh­rungs­ra­te enorm. Eine weib­li­che Wan­der­rat­te wird nach zwei Mona­ten geschlechts­reif und ist dann das gan­ze Jahr über emp­fäng­nis­be­reit. Sie bringt bis zu sechs Mal pro Jahr durch­schnitt­lich acht Jun­ge zur Welt.

Mat­thi­as Hlin­ka ist stell­ver­tre­ten­der Team­lei­ter der Abtei­lung Schä­dings­be­kämp­fung beim einem Haus­be­treu­er. Etwa drei bis sechs Mal pro Jahr wer­de jedes Wohn­haus in Wien auf Rat­ten kon­trol­liert, erklärt er. Die­se Ver­pflich­tung ist in § 2 der Wie­ner Rat­ten­ver­or­dung fest­ge­hal­ten. Die Kon­trol­le erfolgt mit so genann­ten Rat­ten­bo­xen oder Köder­sta­tio­nen. Das sind Plas­tik­bo­xen mit ver­schließ­ba­rem Deckel, in denen ein Köder plat­ziert wird. Rat­ten rie­chen den Köder und gelan­gen durch eine Öff­nung auf der Sei­te in die Box. Die Rat­ten kom­men aller­dings nicht direkt an den Köder, denn die Innen­ein­rich­tung der Box ist so gestal­tet, dass die Rat­te erst um die Ecke gehen muss um an die Quel­le des ver­lo­cken­den Duf­tes zu gelan­gen. Ver­schließ­ba­re Rat­ten­bo­xen sind eine Vor­sichts­maß­nah­me, damit Men­schen oder Haus­tie­re nicht in Kon­takt mit den Rat­ten­kö­dern kom­men.


Die Rat­ten­bo­xen die­nen in ers­ter Linie als Moni­to­ring­sys­tem, um fest­zu­stel­len, ob eine Lie­gen­schaft von Rat­ten­be­fall betrof­fen ist. Ist dies der Fall – das erkennt man dar­an, dass der Köder ange­bis­sen wur­de –, muss auf jeden Fall die Ursa­che gefun­den wer­den. Zu Rat­ten­be­fall kann es kom­men, wenn die Tie­re durch lecke Kanal­roh­re oder offe­ne Schäch­te ins Inne­re von Gebäu­den gelan­gen. Vor allem aber wer­den Rat­ten von Müll unwi­der­steh­lich ange­zo­gen: Müll­ab­la­ge­run­gen im Hof oder auf der Stra­ße sind eine der größ­ten Ursa­chen für Rat­ten­be­fall. Aus die­sem Grund soll­ten orga­ni­sche Abfäl­le immer mög­lichst gut ver­schlos­sen sein. Auch Essens­res­te durch die Toi­let­te zu ent­sor­gen kann dazu bei­tra­gen, dass Rat­ten ange­lockt wer­den.

War­um Rat­ten bekämp­fen?
Wenn wir von Rat­ten als Schäd­lin­gen spre­chen, ist die Wan­der­rat­te Rat­tus nor­ve­gi­cus gemeint. Das Art-Epi­the­ton nor­ve­gi­cus ist inso­fern irre­füh­rend, als die Wan­der­rat­te ursprüng­lich nicht aus Nor­we­gen son­dern aus dem nörd­li­chen Ost­asi­en stammt. Als Kul­tur­fol­ge­rin ist sie heu­te auf der gan­zen Welt anzu­tref­fen, und zwar über­wie­gend im mensch­li­chen Sied­lungs­ge­biet. Das war nicht immer so: Nach Euro­pa kam die Wan­der­ra­te erst im 18. Jahr­hun­dert. Die anti­ke und mit­tel­al­ter­li­chen Pest­epi­de­mien sind nicht der Wan­der­rat­te als indi­rek­te Über­trä­ge­rin des Pest­er­re­ger-Bak­te­ri­ums anzu­las­ten, son­dern viel­mehr – neben ande­ren Tie­ren – einer ande­ren Rat­ten­art, näm­lich der Haus­rat­te
Rat­tus rat­tus. Die­se gelang­te wahr­schein­lich mit Aus­brei­tung des Römi­schen Rei­ches und als Fol­ge des Fern­han­dels inner­halb des Rei­ches nach Euro­pa und Afri­ka. Die spä­ter ein­ge­wan­der­te Wan­der­rat­te Rat­tus nor­ve­gi­cus ver­dräng­te die Haus­rat­te fast voll­stän­dig. Heu­te gilt die Haus­rat­te als extrem sel­ten und wird in der „Roten Lis­te“ bedroh­ter Säu­ge­tie­re in Öster­reich als vom Aus­ster­ben bedroht gelis­tet.

Wan­der­rat­ten sind Oppor­tu­nis­ten und fin­den in mensch­li­chen Bal­lungs­räu­men über­reich­lich Fut­ter. Vor allem sind sie in der Kana­li­sa­ti­on anzu­tref­fen, da sie aus­ge­zeich­net schwim­men, tau­chen und klet­tern kön­nen. Sie leben aber auch an ver­bor­ge­nen Stel­len in Wohn­häu­sern. Ihre Nes­ter, in denen die Jun­gen gebo­ren wer­den, legen sie in Ver­ste­cken an, zum Bei­spiel in Lager­häu­sern zwi­schen Waren­sta­peln oder in Wohn­häu­sern in Hohl­räu­men unter den Die­len. Rat­ten gel­ten als däm­me­rungs- und nacht­ak­tiv, pas­sen ihren Lebens­rhyth­mus aber den Umstan­den an. Sie ver­mei­den es, von Men­schen ent­deckt zu wer­den. Dazu dient auch ihr typi­sches Bewe­gungs­mus­ter – sie lau­fen an und in Gebäu­den oft dicht an die Wand geschmiegt und erzeu­gen so typi­sche Schmier­spu­ren an den Wän­den. Ande­re Anzei­chen für die Anwe­sen­heit von Rat­ten sind Fraß­spu­ren, Nage­spu­ren, Rat­ten­kot und ein ste­chen­der Geruch nach Rat­ten­urin.

Es sind rund 120 Krank­hei­ten bekannt, die von Rat­ten über­tra­gen wer­den kön­nen. Das Risi­ko, von einer Rat­te direkt oder indi­rekt infi­ziert zu wer­den, ist in Öster­reich aller­dings äußerst gering. Dazu trägt auch eine funk­tio­nie­ren­de und – in Wien – gesetz­lich ver­pflich­ten­de Rat­ten­be­kämp­fung bei. Schä­den ver­ur­sa­chen Rat­ten den­noch: Als Hygie­ne­schäd­lin­ge, die gela­ger­te Lebens­mit­tel anfres­sen, oder durch das Anknab­bern von Kabeln und ande­ren Mate­ria­li­en.

Soll­te es zu einem Rat­ten­be­fall kom­men, ist Zeit der ent­schei­den­de Fak­tor. Je frü­her reagiert wird, des­to bes­ser um Gesund­heits­ri­si­ken und Sach­schä­den zu ver­mei­den. Haben sich die Rat­ten erst ein­mal in einem Gebäu­de eta­bliert, wird es umso schwe­rer, sie wie­der los­zu­wer­den. Bei Ver­dacht soll­te umge­hend die Haus­ver­wal­tung kon­tak­tiert oder ein pro­fes­sio­nel­ler Schäd­lings­be­kämp­fer geru­fen wer­den.


Wur­de vom pro­fes­sio­nel­len Schäd­lings­be­kämp­fer beim Moni­to­ring Rat­ten­be­fall fest­ge­stellt, wird der Köder in den Rat­ten­bo­xen durch einen Gift­kö­der ersetzt. Die­ser ent­hält blut-
gerin­nungs­hem­men­de Wirk­stof­fe, soge­nann­te Anti­ko­agu­lan­zi­en. Rat­ten, die davon fres­sen, ster­ben nicht sofort, son­dern zie­hen sich zurück, um zwei bis sie­ben Tage spä­ter durch inne­res Ver­blu­ten zu ver­en­den. Durch die­se Zeit­ver­zö­ge­rung wird ver­hin­dert, dass ande­re Raten den Zusam­men­hang zwi­schen der Auf­nah­me des Gift­kö­ders und dem Tod ihres Art­ge­nos­sen her­stel­len. Das wür­de die schlau­en Nager näm­lich dazu brin­gen, Köder und Gift­kö­der künf­tig zu mei­den, was eine wei­te­re Rat­ten­be­kämp­fung unwirk­sam machen wür­de.